Soundcheck: Nirvana - Nevermind
Die Geschichte dürfte hinlänglich bekannt sein. Ende 1991 veröffentliche die aus Seattle stammende Indie-Band Nirvana ihr zweites Album Nevermind. Nevermind und der Mega-Hit Smells likeTeen Spirit (Teen Spirit ist übriges ein billiges Deodorant) hievten die bis dato tief im Undergrond verwurzelte Band quasi über Nacht in den Kreis der Dollarmaschinen Madonna, Michael Jackson, Mariah Carey und Bon Jovi. Der Erfolg von Nevermind sollte nicht nur Nirvana zu reichen Männern machen, er sollte auch die Landschaft des Musikbiz so sehr verändern, wie es seit den Beatles nur der Punk und HipHop vermochte.

Ganz plötzlich war Alternative Rock das angesagteste Ding in der Szene. Jedes Label schickte mindesten eine Grungeband ins Rennen, MTV sendete nichts mehr anderes als unrasierte Typen im Flanellhemnden, und selbst die Filmindustrie entdeckte die Generation X. Grunge wurde zu einem Gesamtpaket bezüglich Sound, Videoclip-Ästhetik, Lebensphilosophie und Mode geschnürt und ein jeder wollte sich ein fettes Stück vom Kuchen abschneiden. Die grossen Firmen krallten sich den Grunge, schlachteten diese vermeintlich neue Musik (die es tatsächlich aber schon lange gab) dermassen aus, dass er eher früher als später in jedem Kinderzimmer und in jedem Kaufhaus angekommen war… und sich damit relativ schell auch wieder selbst neutralisiert hatte! Als Nebeneffekt wurden die etablierten Bands – vor allem aus dem Rock und Heavy Metal – förmlich weggespült und fanden plötzlich nur noch abgegraste Wiesen vor. Bands, die bis vor kurzem noch die grossen Hallen und Arenen füllten, mussten sich nun mit den kleinen, verrauchten Clubs begnügen.
Wenn wir aber ganz ehrlich sind, erschufen Nirvana mit Nervermind eine LP, die zwar dem damaligen Mainstream so gar nicht entsprach, auf der anderen Seite aber keineswegs dermassen innovativ war, wie
uns die Industrie einreden wollte. Nirvana selbst hatte schon eine (kaum wahrgenommne) Scheibe draussen. Soundgarden veröffentlichte kurz davor ihr bereits drittes Album, und auch Alice in Chain schmissen ein halbes Jahr vor Nevermind ihr grandioses Debut auf den Markt. Auch war dieser neue Musikstil, Grunge, eigentlich so neu gar nicht. In der – von den Major-Labels mehr oder weniger ignorierten, im Undergrond heiss geliebten – Indieszene gab es bereits massenweisse Bands, die genau aus diesen Grunge-Essenzen ihr eigens Süppchen kochten. Ferner waren die viel zitierten Einflüsse aller Grungebands im längst etablierten Punk, Heavy Metal oder dem Hardrock der 70er zu finden. Und da war auch der allgegenwärtige Geist von Hüsker Dü und den Pixies, auf die sich vor allem Nirvana immer wieder berufen sollten. Letztere dienten wohl als Vorbild dieses gefühlvollen, dynamischen Laut-Leise-Spiels, das die Band immer wieder aufgriff. Auf Nevermind verbanden sie gekonnt die zwei Gegensätze der unbändigen Rotzigkeit des Punks in rauen, organischen Riffs, und die verletzliche Sensibilität in Form der süssesten Popmelodien. Produzent Butch Vig gelang dabei das Kunststück, dem durch Geschramel und Rückkoppelungen geschwängerten, von quietschenden Soli und abgefucktem Gesang durchzogne Songs, einen durchgeschliffenen, deutlich verfeinerten Sound zu verpassen, der ein bereites Publikum ansprechen sollte.
Und nun lehne ich mich mal aus dem Fenster und haltete es ernsthaft und nicht übermässig besoffen für möglich, dass Nirvana durch den Erfolg von Nevermind und dem folgenden Umdenken der Plattenfirmen, resp. den verschobenen Interessen des Zielpublikums, nicht nur dem Alternative Rock Tür und Tor öffneten, sonder auch zahlreichen anderen, bis dahin in ihren Übungsräumen mehr oder weniger verrottenden Bands. Bands aus dem Crossover, dem Brittpop, dem Nu Metal, dem Stoner Rock und weiss der Teufel was noch alles. Nicht aufgrund des innovativen Sonwritings oder des nie gehörten Sounds, sonder alleine durch die Tatsache, dass sie zum richtigen Zeitpunkt die richtige Platte herausbrachten.
Blendet man die Vermarktungsstrategien der Großkonzerne und Medien mal aus und hört nur auf die Musik, bemerkt man erst einmal deren Qualitäten. Geboten wird simpler, aber eingängiger und vorallem ehrlicher Rock mit harten Riffs, einigen schrägen Arrangements und einer Stimme, die man sofort erkennt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. In Kombination mit den Texten, die irgendwo zwischen Verweigerungshaltung und Weltschmerz schwanken, versehen mit einem gehörigen (oft vergessen) Schuss Selbstironie, entstand so eine LP, die den Kids dieser Zeit wohl voll aus der Seele sprach.
Wie auch immer: Man mag Nirvana für die einflussreichste oder wichtigste Bands seit den Beatles halten, oder man sieht in ihnen nur einen weiteren, von der Industrie erfunden, gehypten Scheiss. In beiden Fällen jedoch, sag ich dazu einfach nur: Nevermind …!
Polly says her back hurts, she's just as bored as me
she caught me off my guard, amazes me the will of instinct
Tracklist:
Smells Like Teen Spirit
In Bloom
Come as You Are
Breed
Lithium
Polly
Territorial Pissings
Drain You
Lounge Act
Stay Away
On A Plain
Something In The Way
Endless, Nameless (Hidden Track)

Ganz plötzlich war Alternative Rock das angesagteste Ding in der Szene. Jedes Label schickte mindesten eine Grungeband ins Rennen, MTV sendete nichts mehr anderes als unrasierte Typen im Flanellhemnden, und selbst die Filmindustrie entdeckte die Generation X. Grunge wurde zu einem Gesamtpaket bezüglich Sound, Videoclip-Ästhetik, Lebensphilosophie und Mode geschnürt und ein jeder wollte sich ein fettes Stück vom Kuchen abschneiden. Die grossen Firmen krallten sich den Grunge, schlachteten diese vermeintlich neue Musik (die es tatsächlich aber schon lange gab) dermassen aus, dass er eher früher als später in jedem Kinderzimmer und in jedem Kaufhaus angekommen war… und sich damit relativ schell auch wieder selbst neutralisiert hatte! Als Nebeneffekt wurden die etablierten Bands – vor allem aus dem Rock und Heavy Metal – förmlich weggespült und fanden plötzlich nur noch abgegraste Wiesen vor. Bands, die bis vor kurzem noch die grossen Hallen und Arenen füllten, mussten sich nun mit den kleinen, verrauchten Clubs begnügen.
Wenn wir aber ganz ehrlich sind, erschufen Nirvana mit Nervermind eine LP, die zwar dem damaligen Mainstream so gar nicht entsprach, auf der anderen Seite aber keineswegs dermassen innovativ war, wie

Und nun lehne ich mich mal aus dem Fenster und haltete es ernsthaft und nicht übermässig besoffen für möglich, dass Nirvana durch den Erfolg von Nevermind und dem folgenden Umdenken der Plattenfirmen, resp. den verschobenen Interessen des Zielpublikums, nicht nur dem Alternative Rock Tür und Tor öffneten, sonder auch zahlreichen anderen, bis dahin in ihren Übungsräumen mehr oder weniger verrottenden Bands. Bands aus dem Crossover, dem Brittpop, dem Nu Metal, dem Stoner Rock und weiss der Teufel was noch alles. Nicht aufgrund des innovativen Sonwritings oder des nie gehörten Sounds, sonder alleine durch die Tatsache, dass sie zum richtigen Zeitpunkt die richtige Platte herausbrachten.
Blendet man die Vermarktungsstrategien der Großkonzerne und Medien mal aus und hört nur auf die Musik, bemerkt man erst einmal deren Qualitäten. Geboten wird simpler, aber eingängiger und vorallem ehrlicher Rock mit harten Riffs, einigen schrägen Arrangements und einer Stimme, die man sofort erkennt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. In Kombination mit den Texten, die irgendwo zwischen Verweigerungshaltung und Weltschmerz schwanken, versehen mit einem gehörigen (oft vergessen) Schuss Selbstironie, entstand so eine LP, die den Kids dieser Zeit wohl voll aus der Seele sprach.

Polly says her back hurts, she's just as bored as me
she caught me off my guard, amazes me the will of instinct
Tracklist:
Smells Like Teen Spirit
In Bloom
Come as You Are
Breed
Lithium
Polly
Territorial Pissings
Drain You
Lounge Act
Stay Away
On A Plain
Something In The Way
Endless, Nameless (Hidden Track)
Labels: Reviews, Soundcheck
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